(Quelle: Planet-Wissen.de)

Musik ist viel mehr als nur ein schöner Zeitvertreib. Musik kann Balsam für die Seele sein, aber auch die geistige und soziale Entwicklung von Kindern fördern. Selbst Erwachsene können vom Musizieren profitieren – es mobilisiert das Gehirn und produziert Glückshormone. Kein Wunder, dass Musik heute von vielen Experten nicht nur als schönes Hobby angesehen, sondern in der Medizin auch als therapeutisches Hilfsmittel einsetzt wird.

Wie Musik auf den Menschen wirkt

Tatsächlich verändert sie den Herzschlag, den Blutdruck, die Atemfrequenz und die Muskelspannung des Menschen. Und sie beeinflusst den Hormonhaushalt. Die Klänge wirken vor allem auf Nebenniere und Hypophyse: Je nach Musikart werden verschiedene Hormone abgegeben – Adrenalin bei schneller und aggressiver Musik, Noradrenalin bei sanften und ruhigen Klängen. Letztere können so zum Beispiel die Ausschüttung von Stresshormonen verringern und die Konzentration von schmerzkontrollierenden Betaendorphinen im Körper erhöhen.

Musik kann so tatsächlich Schmerzen dämpfen. Folgerichtig wird sie deshalb heute schon in der Medizin in den verschiedensten Bereichen therapeutisch eingesetzt. Vor allem in der Psychiatrie und in der Schmerztherapie leistet sie nützliche Dienste. Aber auch in der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten und in der Geriatrie kann sie ein wertvolles Hilfsmittel sein. Denn Muszieren kann wie ein Jungbrunnen für das Gehirn sein, weil dabei neue Nervenverschaltungen gebildet werden.

Was Musikunterricht in der Schule bringt

Fast unbestritten ist seine pädagogische Bedeutung. Fächer wie Deutsch oder Mathematik werden zwar in den Lehrplänen bevorzugt, weil man sie für wichtiger hält, um die Schüler ins Erwerbsleben zu integrieren. Aber Modellversuche haben gezeigt, dass Musikunterricht auch einen Beitrag zur sozialen Entwicklung der Kinder leistet.

Zwei blonde Schülerinnen der zweiten Klasse spielen im Musikunterricht auf der Blockflöte.

Musik steigert die die soziale Kompetenz

In einer Langzeitstudie an mehreren Berliner Grundschulen (nach ihrem Initiator Prof. Dr. Hans Günther Bastian “Bastian-Studie” genannt), hat sich die soziale Kompetenz der beteiligten Kinder deutlich gesteigert. Die Zahl der Schüler, die ausgegrenzt wurden, hatte abgenommen, während der Anteil der Kinder, die keine einzige Ablehnung durch ihre Klassenkameraden erhielten, doppelt so hoch wie an konventionellen Schulen war.

Außerdem herrschte an diesen Schulen ein merklich ruhigeres, aggressionsfreieres Klima. Wie ist das zu erklären? Gemeinsames Musizieren erfordert fein abgestimmtes Aufeinander-Hören. Musik schult so auch die Wahrnehmung des Anderen. Und so lernen die Kinder auch, zum Beispiel auf den Stimmklang der anderen zu hören, nach dem sie die Stimmung eines Menschen beurteilen können.

Musizieren hat außerdem ein unmittelbar belohnendes Ergebnis: Wenn es passt, klingt es auch schön. So werden Motivation und Konzentration trainiert. Ein weiteres, besonders überraschendes Ergebnis der Bastian-Studie konnte allerdings in anderen Versuchen noch nicht bestätigt werden.

In der Bastian-Studie schien die Intelligenz der beteiligten Kinder zugenommen zu haben. Der IQ-Mittelwert (Intelligenzquotient) der Modellgruppen lag bei über 110, der IQ-Mittelwert der Kontrollklassen nur bei 105. Vielleicht hatten die Berliner einfach Glück mit den Kindern? Vielleicht lag es aber auch daran, dass die Kinder im Pilotprojekt generell mehr Zuwendung erfahren haben? Oder daran, dass sie motiviertere Eltern hatten?

Wie das Gehirn Musik verarbeitet

Zwei Teenager spielen auf Blasinstrumenten.

Musik stellt für das Gehirn eine große Herausforderung dar

Trotzdem war der Gedanke, dass Musik die Intelligenzentwicklung beeinflussen könnte, nicht abwegig. Denn Musik stellt für das Gehirn eine große Herausforderung dar, könnte auch einen Trainingseffekt haben. Das liegt unter anderem daran, dass Musik aus einer Fülle von gleichzeitig dargebotenen Informationen besteht. Das Gehirn muss etwa Tonhöhen und Melodien erkennen und sie miteinander vergleichen.

Außerdem muss es die zeitliche Abfolge der Töne erfassen. Daraus ergeben sich nämlich Takte und Rhythmen. Gleichzeitig ankommende Töne muss es zu Akkorden sortieren. Dann sind da noch die Position und die Art der Schallquelle: Wer Musik hört, weiß ja in der Regel, ob da gerade ein Schlagzeug oder ein Klavier spielt, und wo es im Raum steht.

Auch das muss das Gehirn natürlich erst einmal durch eine Fülle von Messungen und Vergleichen feststellen. Einige diese Aufgaben teilen sich die linke und die rechte Gehirnhälfte. Bei Profimusikern ist diese Aufteilung übrigens oft genau anders herum – warum, das weiß man noch nicht.

Musikergehirne unterscheiden sich auch sonst von den Gehirnen nicht musizierender Menschen. Bei ihnen sind die Bereiche, die die Aktivitäten der Hände mit denen des Hörens und Analysierens verknüpfen, besonders stark ausgebildet. Und das wiederum zeigt, dass die Aktivitäten beim Musizieren, aber auch die beim Musikhören, das Gehirn bleibend verändern. Alle Neuverschaltungen, die zwischen den Nervenzellen im Gehirn durch Musik entstehen, bleiben dem Menschen auch erhalten.

Gedächtnistraining

Der Leipziger Thomanerchor während einer Probe.

Mit Gesang das Gedächtnis verbessern

Man nimmt deshalb auch an, dass Musik den Abbau von Nervenzellen im Gehirn alter Menschen verhindern kann. Einige der im Alter betroffenen Gehirnareale sind bei Musikern stärker ausgebildet. Auf jeden Fall aber hat Musik einen Trainingseffekt für das Gedächtnis. Alle am Hören und am Lautebilden beteiligten Hirnpartien werden durch Musik trainiert und stimuliert. Für sogenannte tonale Sprachen, also Sprachen, deren Verständnis sehr stark von akustischen Feinheiten abhängt, wie zum Beispiel beim Chinesischen, ist das auch schon belegt worden.

Außerdem wirkt Musik als Gedächtnisstütze. Aus diesem Grund werden auch Kirchenlieder gesungen: damit man ihren Inhalt besser im Gedächtnis behält. Mit Anatomiestudenten wurde versucht, diese Erkenntnis nachzuvollziehen. Man ließ die Studenten ihren Stoff singen, und diese haben ihn tatsächlich besser behalten!

Wie Musik Emotionen auslöst

Die Domspatzen singen im Regensburger Dom.

So entsteht Weihnachtsstimmung

Auch das für Gefühle zuständige limbische System im Gehirn wird durch Musik angeregt. Musik kann deshalb Emotionen auslösen, kann beim Zuhörer Gänsehaut verursachen. Außerdem verbindet sich Musik manchmal mit persönlichen Ereignissen. Wird sie wieder gehört, dann kommen auch die Erinnerungen an erlebte Situationen wieder, genauso wie dabei empfundene Gefühle.

So reicht ein Weihnachtslied oft aus, um jemanden in Weihnachtsstimmung zu versetzen. In diesem Zusammenhang funktioniert Musik wie eine Art Sprache, in der bestimmte Ereignisse kodiert sind. Das zeigt sich besonders deutlich bei Filmmusik, zum Beispiel Horror- oder Spannungsmusik.